Rationaler Funktionenkörper

Ein rationaler Funktionenkörper ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Algebra. Dieses Objekt hat die algebraische Struktur eines Körpers.

Definition

Der rationale Funktionenkörper K ( X ) {\displaystyle K(X)} ist der Quotientenkörper des Polynomrings K [ X ] {\displaystyle K[X]} über einem Körper K {\displaystyle K} . Die Konstruktion von K ( X ) {\displaystyle K(X)} ist analog zu jener der rationalen Zahlen aus den ganzen Zahlen. Die Elemente r K ( X ) {\displaystyle r\in K(X)} können also als r = f g {\displaystyle r={\tfrac {f}{g}}} mit Polynomen f , g K [ X ] {\displaystyle f,g\in K[X]} , wobei g {\displaystyle g} nicht das Nullpolynom ist, geschrieben werden.

Anmerkungen und Eigenschaften

Die Namensgebung ist traditionell, aber mit etwas Vorsicht zu genießen:

  • Erstens muss man die Unterschiede zwischen Polynomen und Polynomfunktionen betrachten. Jedes Polynom induziert eine Polynomfunktion, aber die Zuordnung Polynom {\displaystyle \rightarrow } Polynomfunktion ist nur dann injektiv, wenn der Körper K {\displaystyle K} unendlich ist. Beispiel: Ist K = F 2 {\displaystyle K=\mathbb {F} _{2}} der Körper mit 2 Elementen, so induzieren X {\displaystyle X} und X 2 {\displaystyle X^{2}} die gleiche Funktion auf K {\displaystyle K} . Trotzdem sind sie als Elemente des rationalen Funktionenkörpers nicht gleich.
  • Zweitens hat in der Regel der Nenner g {\displaystyle g} Nullstellen. Dementsprechend ist die rationale Funktion nicht auf ganz K {\displaystyle K} definiert, sondern nur auf einer Zariski-offenen Teilmenge.

Beispiel: Für K = F 3 {\displaystyle K=\mathbb {F} _{3}} gilt zwar 1 X 3 X {\displaystyle {\tfrac {1}{X^{3}-X}}} als rationale Funktion auf K {\displaystyle K} im Sinne der obigen Definition – aber der Definitionsbereich ist leer.

Die Körpererweiterung K ( X ) / K {\displaystyle K(X)/K} ist rein transzendent und damit insbesondere unendlich. Es lässt sich mit Hilfe der verallgemeinerten Partialbruchzerlegung sogar eine K {\displaystyle K} -Basis des K {\displaystyle K} -Vektorraums K ( X ) {\displaystyle K(X)} angeben.

In mehreren Variablen

Definition

Der rationale Funktionenkörper K ( X 1 , , X n ) {\displaystyle \displaystyle K(X_{1},\ldots ,X_{n})} in den Variablen X 1 , , X n {\displaystyle \displaystyle X_{1},\ldots ,X_{n}} ist analog definiert als der Quotientenkörper des Polynomrings K [ X 1 , , X n ] {\displaystyle \displaystyle K[X_{1},\ldots ,X_{n}]} .

Konstruktion

Der rationale Funktionenkörper kann durch sukzessives Adjungieren einer Variablen X i {\displaystyle \displaystyle X_{i}} und anschließendes Bilden des Quotientenkörpers konstruiert werden. Also:

K ( X 1 , , X n ) {\displaystyle \displaystyle K(X_{1},\ldots ,X_{n})} ist der Quotientenkörper des Polynomrings K ( X 1 , , X n 1 ) [ X n ] {\displaystyle \displaystyle K(X_{1},\ldots ,X_{n-1})[X_{n}]} , also des Polynomrings über dem Körper K ( X 1 , , X n 1 ) {\displaystyle \displaystyle K(X_{1},\ldots ,X_{n-1})} in der Variable X n {\displaystyle \displaystyle X_{n}}

Funktionenkörper in der algebraischen Geometrie

In der algebraischen Geometrie werden Funktionenkörper von affinen Varietäten betrachtet: Sei der Körper K {\displaystyle K} algebraisch abgeschlossen und V {\displaystyle V} eine affine Varietät im K n {\displaystyle K^{n}} . Dann ist das Ideal I ( V ) {\displaystyle I(V)} ein Primideal im Polynomring K [ X 1 , , X n ] {\displaystyle K[X_{1},\ldots ,X_{n}]} , weshalb der Koordinatenring K [ V ] {\displaystyle K[V]} , d. h. der Quotientenring K [ X 1 , , X n ] / I ( V ) {\displaystyle K[X_{1},\ldots ,X_{n}]/I(V)} , ein Integritätsbereich ist.

Der Quotientenkörper K ( V ) {\displaystyle K(V)} des Koordinatenrings K [ V ] {\displaystyle K[V]} heißt dann Funktionenkörper von V {\displaystyle V} . Seine Elemente heißen rationale Funktionen auf V {\displaystyle V} und dürfen tatsächlich als Funktionen auf (nicht leeren) offenen Teilmengen von V {\displaystyle V} betrachtet werden.

Literatur

  • Siegfried Bosch: Algebra. 8. Auflage. Springer Spektrum, Berlin 2013, ISBN 978-3-642-39566-6, S. 63, doi:10.1007/978-3-642-39567-3 ( K ( X ) {\displaystyle K(X)} und K [ X 1 , , X n ] {\displaystyle K[X_{1},\ldots ,X_{n}]} ). 
  • Klaus Hulek: Elementare Algebraische Geometrie. 2. Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8348-1964-2, S. 41, doi:10.1007/978-3-8348-2348-9 (Algebraische Geometrie).